Hochgeachtete
Damen und Herren,
geschätzte Nachfahren der Delegierten der freisinnigen Vereine von Basel
Es freut mich, Sie hier im Schützenhaus begrüssen zu dürfen. Das Schützenhaus ist der Gründungsort einer anderen Organisation, nämlich der Basler Gesellschaft der Feuerschützen. Und auch der Artillerie-Verein hat regelmässig hier verkehrt, als die Schützenmatte noch ein Schiessstand war, bevor dieser 1899 zum Allschwiler Weiher verlegt wurde.
In der Gründerzeit unseres Bundesstaates und unserer Partei gab es in Basel zahlreiche Schützenvereine. Die Basler Artillerieschützen, die 1858 gegründet wurden, machten den radikalen Artillerie-Wachtmeister einen gewissen Dr. Karl Brenner zu ihrem Ehrenmitglied.
Basel war damals in zwei Parteien geteilt: Die Konservativen, Aristokraten genannt, und die Radikalen, die sogenannte Jungmannschaft, der heutige Freisinn… Schon damals zwei rivalisierende Organisationen. Gang und gäbe war auch, dass man sich Spitznamen verlieh. So hatte besagter Karl Brenner einen prägnanten Bart und wurde deshalb «Bart-Brenner» genannt.
Besonders die Artilleristen schlugen sich in das freisinnige Lager. Im Allgemeinen huldigten die Radikalen den neuen Ideen und auch Karl Brenner war aus diesem Holz geschnitzt – auch als Redaktor der damaligen Nationalzeitung, dem Vorgänger, der Basler Zeitung…. und in dieser Funktion schrieb Karl Brenner 1845 ungewollt Geschichte.
Am Anfang stand ein Artikel in der Nationalzeitung aus der Feder eines erzürnten Karl Brenner. Er kritisierte darin die konservative Basler Regierung, weil die Artillerie, im Gegensatz zur Infanterie, keine Käppi statt Helme tragen durften. Er gab in einigen herben Worten seiner Entrüstung Ausdruck – das war zu viel für die konservative Basler Regierung. Man zitierte Karl Brenner in den Lohnhof und steckte ihn in die Arrestzelle.
Doch diese Rechnung machte man ohne die Schiessvereine und ohne das Volk. Dieses Vorgehen stiess nämlich auf grossen Widerwillen, die aufgeregten Mannschaften verlangten Brenners Befreiung und sie beliessen es nicht bei Worten. Gegen die Mittagszeit schallten die Musik, der Schritt und das Gejohle der ausgezogenen Artilleristen durch die Basler Gassen, die begleitet vom Volk, Richtung Lohnhof zogen – und – natürlich vor einem geschlossenen Tor standen. Kein Hindernis für den Befreiungszug – in wenigen Minuten war das Tot durchbrochen… Die Mannschaft, Bürger, Neugierige, alles stürmte in den Polizeihof. [Folie]
Mit einer Leiter verschaffte man sich Zutritt zu einem Gemach und forderte die Diener der Gerechtigkeit auf, das Gefängnis Brenners zu zeigen. Anfangs weigerten sie sich, aber bei der Drohung, alle Türen einzuschlagen, öffneten sie seine Zelle. Brenner war sehr betroffen und weigerte sich mit zu gehen. Nichtsdestoweniger gab er nach und stieg die Treppe hinab. Im Hof war begreiflich grosser Jubel. So zog Karl Brenner im Zug seiner Befreier von Dannen und wart fortan ein freier Mann. [Folie] Die Regierung hat auf Repressionsmassnahmen verzichtet.
Diese Befreiungsaktion ist als «Käppisturm» in die Basler Geschichte eingegangen. Heute verhaftet unser Regierungsrat und Polizeichef Baschi Dürr die Redaktoren der BaZ nicht mehr, wenn sie über die Stränge schlagen – auch wenn er vielleicht manchmal damit liebäugelt :))) Mit dieser kleinen Anekdote aus der Geschichte unserer Partei begrüsse ich Sie ganz herzlich zur Generalversammlung der FDP Basel-Stadt, der 125. Generalversammlung seit der Gründung unserer Partei am 19. Dezember 1894.
Eröffnungsrede zum 125. Parteitag der FDP Basel-Stadt vom 11. April 2019.