Keine staatlich kontrollierte Quartierarbeit

18. Januar 2017

Heute Morgen beim Aufstehen habe ich in einem Radiobeitrag Moritz Leuenberger gehört. Sie wissen, nicht ganz meine politische Wellenlänge, aber er hat etwas Wichtiges gesagt: In seiner Zeit als Bundesrat habe er in der ganzen Schweiz gesehen, wie sehr dieses Land von unten nach oben funktioniere, mit einem unglaublichen freiwilligen Engagement von unzähligen Bürgerinnen und Bürgern.

Das hat für mich hervorragend zum heutigen Geschäft gepasst. Über Jahre und Jahrzehnte haben neutrale Quartiervereine die Interessen der Bevölkerung gegenüber der Verwaltung vertreten. Dann wurden die Stadtteilsekretariate eingeführt. Die Folge: Es ist ein Puffer entstanden zwischen der Verwaltung und der Quartierbevölkerung. Die Stadtteilsekretariate koordinieren, sie bündeln und sie steuern die Quartierarbeit. Sie Informieren im Auftrag des Kantons die Quartierbevölkerung und sie nehmen starken Einfluss darauf, was im Quartier als Bedürfnis der Bevölkerung zu gelten hat. In der BKK wurde uns das Umsetzungskonzept zur Quartierarbeit 2020 vorgestellt. Dort wurde klar: Dieses Konzept ist hauptsächlich auf die vom Staat subventionierten Einrichtungen eingerichtet. Die neutralen Quartiervereine sind darin nur Begleiterscheinungen.

Das ist eben nicht von unten nach oben. Das ist ein Top-Down-Prozess. Natürlich sind es formell private Institutionen. Aber wer zahlt befiehlt. Und so nimmt der Kanton mit dem Umsetzungskonzept ganz direkt Einfluss auf die Stadtteilsekretariate.

Man hört dann zum Teil, die Stadtteilsekretariate seine viel demokratischer als irgendein Quartierverein. Da werde demokratisch bestimmt, mit welchen Geschäften sich das Stadtteilsekretariat befassen solle. Das Problem ist nur das: Diese Delegiertenversammlungen – die so fast ein wenig wie Quartierparlamente wirken – sind weder repräsentativ noch demokratisch gewählt zusammengesetzt. Gründen Sie einen Verein, werden Sie Mitglied und Sie bestimmen mit.

Sprechen Sie mit Menschen, die sich im Quartier engagieren, hören Sie auch, dass die Anzahl Sitzungen zugenommen hat. Sie haben also Menschen, die etwas für ihr Quartier leisten wollen, sich engagieren, ihr Umfeld verbessern wollen. Und diese Menschen beanspruchen wir nun in Koordinationssitzungen, Delegiertenversammlungen, runde Tische, Workshops, Diskussionsrunden etcetera etcetera. Dies alles natürlich in deren Freizeit, während die Angestellten des Stadtteilsekretariats selbstverständlich dafür entschädigt werden.

Probleme gibt es auch mit der politischen Neutralität. Formell ist diese gegeben. Aber nehmen wir nur ein aktuelles Beispiel: Die Art und Weise, wie das Stadtteilsekretariat Kleinbasel Werbung macht für den Umbau des Kasernen-Hauptbaus, das lässt sich mit politischer Neutralität nicht mehr vereinbaren.

Verstehen Sie mich nicht falsch, das ist mir wichtig. Viele Menschen engagieren sich bei den Stadtteilsekretariaten ehrenamtlich und ich habe grossen Respekt vor dieser Arbeit und diesem Einsatz. Aber die Frage ist, ob wir diese Form der staatlich kontrollierten Quartierarbeit wollen. Und dazu sagen wir Nein.

Dies zu den Stadtteilsekretariaten. Und nun gibt es noch die Quartiertreffpunkte, welche durch Entscheide von GGG und CMS in finanzielle Bedrängnis gebracht werden.

Natürlich freut es uns nicht, wenn GGG und CMS ihre Prioritäten ändern und bisher geleistete Unterstützungsbeiträge streichen oder ganz kürzen. Aber es steht uns nicht zu, diese jahrhundertealten Institutionen dafür zu kritisieren, dass sie ihre Mittel haushälterisch einsetzen und von Zeit zu Zeit gewisse Gelder nicht mehr sprechen können oder wollen. Wir haben keinen Anspruch auf diese Gelder, das sollte man sich zwischendurch wieder einmal in Erinnerung rufen.

Das wird uns in den kommenden Jahren auch bei anderen Institutionen noch intensiv beschäftigen. Und die schwierige Frage ist, wie wir damit umgehen. Für unseren Kanton ist es nicht möglich, weil finanziell nicht tragbar, all diese bisher geleisteten Unterstützungsbeiträge zu kompensieren. Wir müssen uns daher sorgfältig überlegen, wo und wie wir kompensieren.

Die FDP-Fraktion unterbreitet Ihnen bei diesem Geschäft aus diesem Grund einen Antrag und einen Eventualantrag.

Wir sehen die Nöte der Quartiertreffpunkte durch die erfolgten Kürzungen. Daher sind wir dazu bereit, diese zu kompensieren. Allerdings nicht durch eine zusätzliche Belastung des kantonalen Haushaltes, sondern indem wir eine Verschiebung vornehmen. Wir beantragen Ihnen, die Staatsbeiträge für die Stadtteilsekretariate – das ist hier die Beschlussziffer 3 – vollumfänglich zu streichen und den dadurch geschaffenen finanziellen Spielraum zu Gunsten der Quartiertreffpunkte zu nutzen. Wir können mit diesem Betrag die Ausfälle bei den Quartiertreffpunkten vollumfänglich decken.

Sollte dieser Antrag jedoch in diesem Rat keine Mehrheit finden, stellen wir den Eventualantrag, bei den Quartiertreffpunkten zur Variante des Regierungsrates zurückzukehren und auf eine Kompensation zu verzichten.

Bedenken Sie, wir schaffen heute einen Präzedenzfall. Wenn wir heute die Ausfälle einfach decken, ohne sie im kantonalen Haushalt zu kompensieren, schaffen wir unzählige Begehrlichkeiten bei anderen betroffenen Institutionen und setzen ein völlig falsches Signal.

«Basler Polit-Espresso»

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    Luca Urgese
    Riehenring 65, 4058 Basel