Die Finanzpolitik des Kantons Basel-Stadt wird in der öffentlichen Wahrnehmung sehr positiv beurteilt. Dies teilweise zu Recht, konnten doch – dank aufgrund der positiven Steuerertragssituation hohen Überschüssen in den letzten Rechnungen – in den vergangenen Jahren Schulden abgebaut und Steuern gesenkt werden. Dennoch gibt es einige finanzpolitisch kritische Aspekte, die nachfolgend beleuchtet werden sollen.
Weiterhin hohe Verschuldung des Kantons Basel-Stadt
Der Kanton Basel-Stadt hat seit 1999 rund CHF 2 Mia. Schulden abgebaut. Es ist anzuerkennen, dass ein wesentlicher Teil dieses Abbaus unter einer rot-grünen Regierungsmehrheit erfolgte. Zu bedenken ist aber zum einen, dass der massive Schuldenrückgang im Jahr 2006 im Wesentlichen auf die Ausfinanzierung der Pensionskasse und Neubewertungen im Rahmen des neuen Finanzhaushaltsgesetzes zurückzuführen ist. Zum anderen begann der Abbau der Schulden bereits unter der letzten bürgerlichen Regierung:
Quellen: Jahresrechnungen 1999-2011
Auch wurde die Nettoschuldenquote – eine Kennzahl für die Nettoschulden im Verhältnis zum schweizerischen BIP – von einem Höchststand von fast 10 Promille im Jahr 1997 bis ins Jahr 2005 deutlich gesenkt:
Quelle: Bericht FKom zur Schuldenbremse (03.0155.02)
asel-Stadt weist aber auch heute immer noch eine Verschuldung von über CHF 1,7 Mia. und damit über einem Drittel des kantonalen Jahresumsatzes auf. Wären die hohen Sanierungsbeiträge an die Pensionskasse nicht notwendig gewesen, wäre der Kanton Basel-Stadt heute schuldenfrei! Mit der Verschuldung verbunden sind die Schuldzinsen. Diese belaufen sich im Jahr 2012 voraussichtlich auf CHF 70,1 Mio., also eine nicht unbeträchtliche Summe. Zwar ist der Vermögensertrag derzeit höher als die Schuldzinsen. Da in naher Zukunft jedoch mit höheren Zinsen zu rechnen ist, könnten sich die Schuldzinsen sehr rasch verdreifachen. Durch einen weiteren Abbau der Kantonsschulden soll dieser Betrag deshalb fortlaufend reduziert werden. Ziel muss sein, das heutige Bonitätsranking „AA+“ auf „AAA“ zu verbessern, um die Zinskosten auf tiefstmögliches Niveau zu senken. Dass dies auch in einem schwierigen Umfeld möglich ist, zeigt der Nachbarkanton Basel-Landschaft
Entwicklung der Kantonsausgaben
Zur Beschreibung der Entwicklung der Ausgaben wird bei der kantonalen Rechnungsführung der sogenannte Ordentliche Nettoaufwand (ONA) verwendet. Dieser beschreibt den Saldo aus Aufwand und Ertrag aller Dienststellen ohne Abschreibungen und damit die strukturelle Ausgabenentwicklung des Kantons. Der Regierungsrat strebt als Richtgrösse ein jährliches maximales ONA-Wachstum von jährlich real 1,5% an.
In den letzten Jahren ist dieser ONA sukzessive angestiegen. Die Kantonsausgaben haben also laufend zugenommen, seit Antritt der rot-grünen Regierungsmehrheit im Jahr 2005 um 27%! Sie sind zudem seit 2010 deutlich über der vorgegebenen Richtgrösse von 1,5% und noch viel deutlicher über der Teuerungsentwicklung mit Basis 2005. Eine Kompensation in den kommenden Jahren ist nicht in Sicht, im Gegenteil plant der Regierungsrat mit einem weiteren Ausgabenwachstum über dem Richtwert:
Quelle: Jahresrechnungen 2005-2011 / Finanzplan 2012-2015 / Kantonales Amt für Statistik BS
Angesichts der vorstehend skizzierten voraussichtlichen Entwicklung der Verschuldung rechtfertigt sich eine strenge Haushaltsdisziplin, sprich keinen weiteren Anstieg der Kantonsausgaben über der Teuerung zuzulassen. Zusätzlich von der Regierung oder vom Grossen Rat beschlossene Ausgaben sind entsprechend zu kompensieren.
Für dieses Ziel braucht es, entgegen der Empörungsrufe von linker Seite, keine grossen Sparpakete. So ist zum einen der Begriff „Sparen“ nicht angebracht, wenn es lediglich darum geht, die Ausgaben nicht jedes Jahr noch weiter anwachsen zu lassen. Zum anderen ist es in grösseren Unternehmen üblich, den Betrieb jährlich um wenige Prozentpunkte zu optimieren. Eine Regierung, die dies nicht auch von der Verwaltung fordert, nimmt ihre Aufgaben nicht wahr. Deshalb ist es an dieser Stelle auch nicht notwendig, konkrete Einsparungsgebiete zu benennen.
Hohe Investitionen wirken sich negativ auf Verschuldung aus
Zur Weiterentwicklung des Kantons stehen in den nächsten Jahren, insbesondere im Verkehrsbereich, einige Investitionen in Millionen- und Milliardenhöhe an.
Auswahl grösserer Projekte | |
S-Bahn Herzstück | ≈ CHF 1,5 Mia. |
Ausbau Osttangente | ≈ CHF 1,0 Mia. |
Tramnetz 2020 | ≈ CHF 350 Mio. |
Gundeli-Tunnel | ≈ CHF 600 Mio. |
Campus „Schällemätteli | ≈ CHF 240 Mio. |
Diese Investitionen können nicht mehr aus den Erträgen des Kantons finanziert werden, sondern es müssen neue Schulden aufgenommen werden. So sinkt gemäss Planung der Regierung der Selbstfinanzierungsgrad im Jahr 2015 bis auf 32%, während er in den vergangenen Jahren meist über 100% betrug.
Anhand dieses enormen Investitionsvolumens sind alle Projekte einer strengen Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen und wünschenswerte von notwendigen Projekten zu trennen. Hierbei ist auch darauf zu achten, dass nicht primär eine Analyse im Vergleich zu heute durchgeführt wird, sondern das Quervergleiche zwischen den Projekten gezogen werden. So ist bspw. zu prüfen, ob eine Tramlinie über die Johanniterbrücke auch dann notwendig ist, wenn ein Teil der Fahrgäste auf die unterirdische S-Bahn-Verbindung umsteigen. Allenfalls genügt dann die Kapazität der bestehenden Buslinien. Auch beim Autoverkehr ist z.B. zu prüfen, ob der Bau des Gundeli-Tunnels sich auch dann rechtfertigen lässt, wenn die Osttangente ausgebaut wird oder ob eine Entlastungswirkung entsteht. Schliesslich ist bei der Priorisierung auch auf befristete Bundesbeiträge Rücksicht zu nehmen, damit die Kantonsfinanzen nicht unnötigerweise belastet werden.
Anzumerken bleibt aber, dass mit Blick auf die Gesamtausgaben des Kantons die Investitionen lediglich rund 10% ausmachen, während die laufenden Ausgaben die übrigen 90% umfassen. Schwerpunkt muss deshalb auch und insbesondere bei grossen Investitionen eine massvolle Ausgabenpolitik sein.
Pensionskasse als latente Kostenfalle
Die Pensionskasse Basel-Stadt musste in jüngerer Vergangenheit zwei Mal mit hohen Kantonsbeiträgen saniert werden. So musste im Jahr 2007 CHF 1 Mia. eingeschossen werden, sonst hätten die Schulden um weitere CHF 500 Mio. gesenkt werden können. Im Jahr 2010 waren weitere CHF 795 Mio. notwendig. Dennoch konnte keine nachhaltige Sicherstellung der Vorsorgeleistungen erreicht werden. Die Sanierungsversuche der rot-grün dominierten Regierung waren somit, anders als immer behauptet wird, nicht erfolgreich.
Die Pensionskassenleistungen sind nach heutigem System mit mehr als CHF 100 Mio. pro Jahr unterfinanziert, man müsste also eigentlich von einer „Rentenlüge“ sprechen, weil die Pensionskasse nach heutigem Stand ihre Leistungsversprechungen nicht einhalten kann. Die Pensionskasse strebt eine Sollrendite von 4,6% an, ein Wert der an den Finanzmärkten schon lange nicht mehr erzielt werden kann. Es droht eine dritte millionenschwere Sanierung zu Lasten der Steuerzahler und der Versicherten – bereits wurden weitere CHF 150 Mio. zurückgestellt, um die Lücke per Ende 2011 zu decken. Bei Betrachtung der schwierigen Lage an den Finanzmärkten dürften es letztendlich eher noch mehr werden. Es ist daher unumgänglich, die Pensionskassenregelung einer generellen Revision zu unterziehen, bevor eine solche dritte Sanierung notwendig wird.
Ziel muss es sein, eine tiefere Sollrendite anzustreben. Dies lässt sich prinzipiell über drei Wege erreichen: höhere Arbeitgeberbeiträge, höhere Arbeitnehmerbeiträge oder tiefere Renten. Die Arbeitgeberbeiträge belaufen sich bereits heute auf 25%, was einen absoluten Rekordwert darstellen dürfte. So wird in der Privatwirtschaft üblicherweise von 8% ausgegangen. Eine weitere Erhöhung dieses Beitrages kommt daher nicht in Frage. Im Vordergrund muss zudem eine Umstellung vom Leistungsprimat auf das Beitragsprimat stehen, damit nicht weiterhin Rentenversprechungen abgegeben werden, die später nur mit hohen Zuschüssen der öffentlichen Hand und letztlich der Steuerzahler eingehalten werden können.
Artikel wurde am 12. Oktober 2012 als Factsheet des „Bund der Steuerzahler Basel-Stadt“ publiziert. Factsheet als PDF herunterladen