Über Basler Extrarunden

30. Juni 2022

140 Millionen Franken und mehr. So viel Geld geben wir aus, um alle 514 Tram- und Bushaltestellen im Kanton Basel-Stadt bis Ende 2023 behindertengerecht auszugestalten. Daran ist grundsätzlich nichts auszusetzen. Nicht nur, weil das Bundesrecht uns dies vorschreibt. Sondern auch, weil der öffentliche Verkehr eine wichtige Grundinfrastruktur unserer Stadt ist, die für möglichst viele Menschen zugänglich sein soll.

Nun gibt es bekanntlich immer mehrere Wege, um zum Ziel zu gelangen. Man kann es angehen wie unser Nachbarkanton Baselland und die meisten Haltestellen schnell und unkompliziert so umbauen, dass die Trottoirkante hoch genug ist. Oder man kann es angehen wie Basel-Stadt und den notwendigen Umbau oft gleich noch mit einer kompletten Umgestaltung der Umgebung verbinden. Das kann in einzelnen Fällen zwar Sinn machen. Es macht das gesamte Projekt aber nicht nur teurer, sondern es geht auch länger, weil mehr geplant werden muss. Deshalb sollte das der Ausnahmefall bleiben, will man schnell vorankommen.

Es ergeben sich darüber hinaus auch erhebliche praktische Probleme. Velofahrende können ein Lied davon singen. Weil das Tram in gewissen Fällen ganz nah an die Haltekante fahren muss, damit keine zu grosse Lücke zwischen Trottoir und Fahrzeug entsteht (sogenannte Kaphaltestelle), ist der Abstand zwischen Schiene und hoher Haltekante nicht gross genug. Viele fühlen sich unsicher, mehrere Tramhaltestellen werden zum Sturzrisiko.

Die aktuelle Lösung für dieses Problem heisst „velofreundliches Gleis„. Mit einem Gummi wird das Tramgleis der Länge der Haltestelle entlang mit einem Gummi ausgefüllt, damit Velofahrende nicht im Gleis hängen bleiben und stürzen. Leider ist dieses velofreundliche Gleis nicht nur viel teurer im Unterhalt (80 Prozent mehr als konventionelle Schienen), sondern es zeichnet sich auch ab, dass der Gummi aufgrund von hohem Verschleiss sehr häufig ersetzt werden muss.

Was wäre eine sinnvolle Alternative? Trams mit ausfahrbaren Schiebetritten. Darauf hat das Basler Behindertenforum schon vor über 15 Jahren hingewiesen. Diese Trams würden einen grösseren Abstand zwischen Gleis und Trottoirkante ermöglichen. Aufhorchen lässt deshalb eine Mitteilung, die diese Woche vom Kanton verschickt wurde. Die BVB will 23 weitere Flexity-Trams für 91,3 Millionen Franken beschaffen. Für einen späteren Zeitpunkt wird eine Umstellung auf Schiebetritte angekündigt. Wann das ist, werde der Grosse Rat zu entscheiden haben.

Wir fassen also zusammen: Basel-Stadt baut alle Tram-Haltestellen für viel Geld um. Beschafft passend zu diesen Haltestellen Trams ohne Schiebetritte. Beschafft dann in ein paar Jahrzehnten (die Rede ist von 2049) neue Trams mit Schiebetritten. Und wird dann für nochmals viel Geld zahlreiche Haltestellen erneut umbauen, um den Abstand zwischen Gleis und Haltekante zu vergrössern. Bis dahin sollen velofreundliche Gleise zum Einsatz kommen, die im Unterhalt viel mehr kosten.

Wie wir sehen, kann eine falsche Weichenstellung langfristige negative Konsequenzen haben. Manchmal frage ich mich deshalb, warum wir in Basel immer wieder mehrere teure Extrarunden drehen müssen, bevor wir zum gleichen Schluss kommen, wie andere vor uns auch. Dies liesse sich vermeiden, wenn die Verantwortlichen von Anfang an stärker auf die Direktbetroffenen hören würden.

«Basler Polit-Espresso»

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    Luca Urgese
    Riehenring 65, 4058 Basel