Das NIMBY-Prinzip der Basler Verkehrspolitik

30. November 2022

Es ist noch nicht lange her, da beschloss eine linksgrüne Mehrheit im Grossen Rat, dass im Kanton Basel-Stadt flächendeckend Tempo 30 gelten soll. Noch sind die bedauernswerten Mitarbeitenden in der Verwaltung daran sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie das gehen soll. Da folgt bereits der nächste Streich: In zwei Quartieren – dem St. Johann und dem Wettstein – sollen sogenannte Superblocks eingeführt werden.

Superblocks sind ein Verkehrskonzept aus Barcelona, bei dem mehrere Häuserblöcke zu einem ebensolchen Superblock zusammengenommen werden. Der Verkehr wird um diesen Superblock herum geführt. Autos dürfen nur noch sehr eingeschränkt zufahren und das maximal mit Tempo 10.

Der Vorschlag ist exemplarisch für das NIMBY-Prinzip der Basler Verkehrspolitik. NIMBY steht für „Not in my backyard“ – also „Nicht in meinem Hinterhof“. Man will Wirtschaftsmotor sein, Zentrum einer Metropolitanregion, möchte zentral wohnen und auch sonst alle Vorzüge des Stadtlebens geniessen. Sämtliche Nachteile sollen aber bitteschön die anderen um einen herum tragen. Pech für diejenigen, die nicht das Glück haben, zum erlauchten Kreis derjenigen zu gehören, die innerhalb eines solchen Superblocks wohnen.

Ich lege offen, ich bin befangen. Als Quartierbewohner des St. Johanns würde ich mich gerade an der Grenze eines solchen Superblocks, wie er vorgeschlagen wurde, befinden. Bereits heute ist die Strasse, in der ich wohne, viel befahren. Und das ist ok, denn im Gegenzug bin ich innert wenigen Minuten am Rhein, im Park, in der Innenstadt und an meinem Arbeitsplatz. Die Einführung eines solchen Superblocks würde aber nicht nur die Verkehrsmenge in dieser Strasse (und in vielen anderen) erhöhen. Innerhalb dieser Superblocks müssten selbstverständlich alle Parkplätze aufgehoben werden, wenn die angestrebten Ziele wirklich erreicht werden sollen. Alternativen werden natürlich keine angeboten. Dass es ausgerechnet diejenigen Quartiere treffen soll, die heute schon unter hohem Parkplatz-Suchverkehr leiden: Was solls.

Um richtig verstanden zu werden: Es spricht nichts dagegen, Ideen für eine höhere Lebensqualität zu lancieren. Nur fehlen mir die konstruktiven Lösungsvorschläge für die daraus entstehenden Probleme. Ein schulterzuckendes „Man fährt in der Stadt halt kein Auto“ ist kein solcher Lösungsvorschlag.

Dabei gäbe es durchaus Ideen. Ich bleibe beim Beispiel St. Johann. Hier soll in den nächsten Jahren am Standort der Departemente Chemie und Physik das ganze Geviert neu überbaut werden. Dies ist Teil des sogenannten „Campus Schällemätteli„. Warum nicht unter diesen Gebäuden ein grosses Quartierparking bauen? Wenn doch ohnehin schon gegraben werden muss, dann doch gleich noch ein paar Stockwerke tiefer. Damit liessen sich Parkplätze unter den Boden verlagern. Der dadurch gewonnene Platz liesse sich für eine bessere Veloinfrastruktur, mehr Grün und mehr Aufenthaltsqualität nutzen. Und weil es in der Pestalozzistrasse keine Wohnutzung gibt, könnte man mit einer Ein- und Ausfahrt in diese Richtung die Bevölkerung vom Verkehr entlasten. Suchverkehr ade.

Win-Win statt NIMBY. Aber dafür müssten man sich vom Blick nur in den eigenen Hinterhof lösen.

«Basler Polit-Espresso»

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    Luca Urgese
    Riehenring 65, 4058 Basel