Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen – Ja zu Netto-Null bis 2037

31. Oktober 2022

2030? 2037? Oder doch 2050? In Basel wird gerade darum gestritten, in welchem Jahr der Kanton netto klimaneutral sein soll. Denn wir entscheiden am nächsten Abstimmungssonntag darüber, ob wir tatsächlich eine Jahreszahl als Ziel in unsere Kantonsverfassung schreiben wollen. Die Frage ist alles andere als einfach. Denn wir alle wissen nicht, wie sich die Welt in den kommenden 15 oder 30 Jahren entwickeln wird. Man könnte sich daher auf den Standpunkt stellen, sich kein solches Ziel zu setzen, die Dinge geschehen zu lassen und dann zu schauen, wo wir in 15 oder 30 Jahren stehen.

Mir persönlich erscheint es hingegen richtig, dass wir uns in der Klimapolitik ein konkretes Ziel setzen und unsere politische Arbeit darauf ausrichten, dieses Ziel so gut wie möglich zu erreichen. Und zwar deshalb, weil ökonomische Phänomene wie negative externe Kosten (die Kosten für Umweltschäden fallen nicht bei demjenigen an, der sie verursacht) oder die Tragik der Allmende (Trittbrettfahrer nutzen aus, dass andere sich bei der Nutzung öffentlicher Güter selbst beschränken) aufgezeigt haben, dass ein gewisser politischer Rahmen unumgänglich ist. Deshalb befürworte ich den Gegenvorschlag zur Klimagerechtigkeitsinitiative, der Netto-Null bis 2037 erreichen will.

Es gibt dabei sehr unterschiedliche Philosophien, wie der Klimaschutz angegangen werden soll. Selbstverständlich verfolge ich dabei eine liberale Philosopie. Denn gute liberale Ansätze für eine wirksame Klimapolitik gibt es. Sie nennen sich unter anderem Anreize, Lenkungsabgaben, Kostenwahrheit und Innovation. Die entscheidende Frage für liberal gesinnte Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sollte sein: Haben diese liberalen Ansätze im Gegenvorschlag Platz oder nicht? Meiner Meinung nach haben sie das.

Ich will Ihnen dabei nichts vormachen. Der liberale Weg wird es im Basler Kantonsparlament schwer haben. Und die Initiantinnen und Initianten, aber auch linke Politikerinnen und Politiker haben ganz andere Vorstellungen davon, was man in der Klimapolitik alles tun sollte. Wir sollten aber nicht ein an sich richtiges Ziel ablehnen, nur weil uns der mögliche Weg dazu nicht gefallen könnte. Das ist für mich Vogel-Strauss-Politik: Den Kopf in den Sand stecken und hoffen, dass alles an uns vorbei zieht. Das wird aber nicht passieren. Stattdessen sind wir gefordert, uns nach Kräften für den Weg einzusetzen, den wir besser finden. Das ist harte Arbeit und wesentlich unbequemer, als einfach Nein zu sagen. Aber Politik ist eben, die Menschen davon zu überzeugen, dass man die besseren Ideen und Lösungen hat. Diese setzen sich nicht von alleine durch.

Völlig Neues wird bei der Umsetzung des beschlossenen Klimaziels kaum aufs politische Parkett kommen. Denn vieles wurde vom Grossen Rat bereits beschlossen. So investiert der Kanton beispielsweise eine halbe Milliarde Franken in den Ausbau der Fernwärme. Bis 2035 soll es auf Kantonsgebiet keine fossil betriebenen Heizungen mehr geben. Auch übergeordnete politische Entscheidungen werden die Entwicklung beeinflussen. So hat beispielsweise die EU beschlossen, dass ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden sollen. Egal wie man dazu steht, wird sich dies auch auf den Schweizer Markt und damit auf die Basler Strassen auswirken. Erfreulich ist: Die Regel ist technologieoffen. Dank unseren Kollegen von der deutschen FDP sollen auch E-Fuels (also synthetisch hergestellte Brennstoffe) möglich sein. Aber auch wenn schon viel für den Klimaschutz passiert und beschlossen wurde, ein konkretes Ziel zu beschliessen ist dennoch wichtig, weil sich das staatliche (und indirekt auch das private) Handeln an diesem Ziel ausrichten wird.

Schliesslich noch zu einem Argument, das mir öfters begegnet. Es ärgert mich, wenn Aussagen gemacht werden wie „Basel ist eh viel zu klein„, „Es spielt keine Rolle, was wir auf unseren 37 Quadratkilomentern machen“ oder „Solange Staaten wie China nicht mitmachen, ist eh egal was bei uns beschlossen wird„. Seit Gründung unseres Bundesstaates 1848 predigt der Freisinn Freiheit und Eigenverantwortung als liberale Grundwerte. Eigenverantwortung bedeutet nach meinem Verständnis nicht, mit dem Finger auf andere zu zeigen. Parolen wie „Gemeinsam oder gar nicht“ bedeuten nichts anderes als Stillstand, weil man genau weiss, dass immer irgendwo jemand blockieren wird. Das kann in Zeiten des sich beschleunigenden Klimawandels nicht die Antwort sein. Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen bedeutet, bei sich selbst im Rahmen der Möglichkeiten schauen, was man tun kann. Und es zu tun.

«Basler Polit-Espresso»

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    Luca Urgese
    Riehenring 65, 4058 Basel